Bio-Bruderhahnaufzucht im Fokus
Ab 2026 dürfen bei Bio Suisse keine männlichen Küken mehr getötet werden. Dies fordert neue Lösungen für die Aufzucht von Bruderhähnen und Zweinutzungshühnern. Welche Herausforderungen und Chancen ergeben sich daraus?
Zum Jahreswechsel 2026 ist das Töten der männlichen Küken unter dem Bio-Suisse-Label nicht mehr erlaubt. Die Geschlechtsbestimmung im Ei, die sogenannte In-Ovo-Selektion, ist ebenfalls nicht zugelassen. Dies wurde bereits 2021 an der Delegiertenversammlung von Bio Suisse beschlossen. Damit bleibt noch rund ein Jahr Zeit, bis 100 Prozent der männlichen Legeküken einen Platz zur Aufzucht haben müssen. Derzeit hat bereits etwa die Hälfte aller Bio-Legehennen einen Bruder, der aufgezogen wird. Bio Suisse rechnet damit, dass bis 2026 etwa 600 000 Biohähne aufgezogen werden.
Bruderhahn oder Zweinutzungshuhn
Es wird zwischen Bruderhähnen – den männlichen Tieren aus den Legelinien für die Eierproduktion – und Zweinutzungshühnern unterschieden. Bruderhähne haben einen geringeren Tageszuwachs (17 bis 20 g / Tag bei einer Mastdauer von 63 Tagen)
und setzen daher weniger Fleisch an. Bei Zweinutzungshühnern wird hingegen auf eine Balance zwischen Legeleistung und
Muskelzuwachs gezüchtet. Hier gibt es einen Kompromiss: Die Hähne erreichen bessere Mastleistungen (Tageszunahmen von über 20 g / Tag bei 63 Tagen Mastdauer), während die Legehennen deutlich weniger Eier legen als normale Legehybriden. Die Mastdauer beträgt gemäss den Bio-Suisse-Richtlinien mindestens 63 Tage.
Zudem müssen Bruder- und Zweinutzungshähne in einem System mit mehreren Etagen und Entmistung gehalten werden. Zweinutzungshähne mit einer Tageszunahme von über 23 g / Tag dürfen nicht mehr in Junghennenställen aufgezogen werden. Sie müssen stattdessen nach den Vorgaben für die Pouletmast in Herden von maximal 500 Tieren gehalten werden. Die Richtlinien besagen ausserdem, dass die Tageszunahme von Bruderhähnen im Durchschnitt mindestens 17 g / Tag betragen muss.
Fütterung der Bruderhähne
Bruderhähne oder Zweinutzungsrassen haben aufgrund ihres langsameren Wachstums andere Ansprüche an die Fütterung als Masthybriden. Die Intensität der Fütterung hat jedoch auch bei diesen extensiveren Hybriden einen Einfluss auf die Mastleistung. Mit einem speziellen Ergänzungsfutter, das einen hohen Energie- und Proteingehalt aufweist, können die Bedürfnisse der Bruderhähne optimal gedeckt und ein bestmögliches Muskelwachstum erreicht werden. Das Potenzial der Tiere wird mit einem Junghähnefutter (siehe Tabelle) besser ausgeschöpft als mit einem Junghennenfutter. Entscheidend ist dabei auch eine möglichst hohe Futteraufnahme, welche durch die Crumbs-Struktur gefördert wird. Der Einsatz von Würfelfutter wird hingegen nicht empfohlen. Zu diesem Schluss kam die DLG aus Deutschland und schreibt in einem Merkblatt, dass sich der Einsatz von Würfelfutter in der Junghähnemast wiederholt als kontraproduktiv erwiesen habe. Die DLG hebt auch hervor, dass Probleme wie Rangkämpfe und Kannibalismus bei Junghähnen ein Thema seien und mit fortschreitendem Alter zunähmen. Daher seien neben ausreichend Platz auch eine gute Strukturierung und Beschäftigung von besonderer Bedeutung.
Auf Bruderhähne gesetzt
Ein wichtiger Player in der Schweiz, der auf die Bruderhahnaufzucht setzt, ist die Gallina Bio AG. Roman Clavadetscher, Geschäftsführer von Gallina Bio AG, berichtet, dass für sie dieses Jahr 24 Betriebe insgesamt 150 000 Bio-Bruderhähne mästen. Geschlachtet werden diese bei der Wick AG, einem auf Junghähne spezialisierten Schlachthof. Produziert werden zu rund 95 Prozent Produkte wie Würste, Burger, Nuggets oder beispielsweise Fleischkäse. Die Bruderhähne werden teilweise in Junghennenställen gehalten, aber auch in Mobilställen, ähnlich wie in der Bio-Pouletmast. Die Mastdauer bei der Gallina Bio beträgt zwischen 63 und 70 Tage. «Wir haben auch längere Mastperioden getestet, doch erweist sich eine kürzere Mast als effizienter, da ab 70 Tagen die Futterverwertung schlechter wird», erklärt Clavadetscher. Das Wichtigste bei der Haltung sei vor allem, die Tiere gut zu beobachten, um Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen. «Die Umtriebsdauer ist zwar kürzer, doch bietet die Bruderhahnaufzucht auch die Möglichkeit, den Stall besser auszulasten», schliesst Clavadetscher ab.
Aus der Praxis
Bruderhähne im Junghennenstall
Enguerrand Piot aus Thierrens im Kanton Waadt hat bereits wertvolle Erfahrungen mit der Aufzucht von Bruderhähnen gesammelt. Er hält diese im Aufzuchtstall, der Platz für 4000 Junghennen oder Bruderhähne bietet. Auch wenn vieles ähnlich ist bei der Haltung, gibt es doch ein paar Kleinigkeiten, die zu beachten sind. So hat er auf der Voliere zusätzliche Futtertröge aufgestellt, um einen einfachen Zugang zum Futter zu ermöglichen und so die Futteraufnahme zu fördern. Denn das Ziel ist, dass die Hähne möglichst viel fressen. Er konnte aber beobachten, dass die Junghähne von selbst relativ gut fressen und im Vergleich zu den Junghennen meist besser starten. Er füttert die Jungtiere mit einem Ergänzungsfutter für Junghähne (siehe Variante 2 im Kasten), welches er von Mastanfang bis -ende verabreicht. Nach 64 Tagen Mastdauer weisen die Hähne ein Lebendgewicht von etwas über einem Kilogramm auf. Enguerrand Piot ist bisher aufgefallen, dass sich die Hähne weniger bewegen als die Junghennen und die Einstreu schneller feucht wird, weshalb er öfters nachstreuen muss und mehr Stroh benötigt. Das Tiergewicht wird mit einer elektronischen Waage ständig gewogen, was gemäss dem Landwirt sehr hilfreich ist, um die Entwicklung der Tiere im Griff zu haben. Für Piot ist die Bruderhahnmast eine optimale Möglichkeit, seinen Junghennenstall zu füllen und Leerzeiten zu reduzieren.